Previous Page  14 / 64 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 14 / 64 Next Page
Page Background

Bauen / Renovieren

14

Teil 9: Mängel am Bau

VPB: Regelmäßige Baukontrollen sparen

Gegenwert eines Mittelklassewagens

Viele Bauherren verlassen sich beim schlüs-

selfertigen Bauen allzu sehr auf ihr Glück.

Dies jedenfalls beobachten die Sachverstän-

digen des Verbands Privater Bauherren (VPB).

Die Bauherren vertrauen bei der Baukontrol-

le auf den Bauleiter des Schlüsselfertiganbie-

ters. Der Bauleiter steht aber im Dienste des

Bauunternehmers – nicht des Bauherrn. Ent-

sprechend gering ist sein Interesse, durch

häufige Kontrollen den Bau zu verzögern.

Viele kleine Mängel bleiben deshalb nach

VPB-Erfahrung beim schlüsselfertigen Bauen

zunächst unentdeckt und offenbaren sich

erst nach Jahren – mitunter sogar erst nach

Ende der Gewährleistungsfrist.

Durchschnittlich 24.200 Euro müssen Bau-

herren im Schnitt später berappen, um diese

übersehenen Mängel beheben zu lassen.

Diese stattliche Summe hat der Verband Pri-

vater Bauherren (VPB) bei einer Umfrage un-

ter seinen bundesweit tätigen Regionalbüros

ermittelt. Dabei handelt es sich um die –

durchschnittlichen – Kosten zur Beseitigung

von Baumängeln, die durch Lässigkeit und

mangelnde Baukontrolle an einem Objekt

entstanden sind – immerhin der Gegenwert

eines Mittelklassewagens. Diese Ausgabe

könnten sich die Bauherren sparen, wenn sie

ihre Schlüsselfertig-Baustelle von Beginn an

vom unabhängigen Sachverständigen regel-

mäßig kontrollieren ließen.

Was sind die gravierendsten Mängel? Wo

führen Lässigkeit, Unachtsamkeit und

schlechte Bauaufsicht zu Problemen, viel-

leicht sogar Pfusch auf der Baustelle? Bei der

Umfrage unter den VPB-Sachverständigen

rangiert das Problem„Abdichtung“ weit vor-

ne. Die VPB-Experten haben fast bei jedem

Bau damit zu tun. Meist lässt sich der spätere

Ärger schon bei der Vertragsprüfung ahnen:

Hat der Schlüsselfertiganbieter kein Bau-

grundgutachten vorgesehen, kann er auch

die Bodenverhältnisse nicht kennen. Die sind

aber entscheidend für die Planung und tech-

nische Ausführung des Kellers, also auch da-

für, wie der Keller gegen Feuchtigkeit, viel-

leicht sogar drückendem Grundwasser

geschützt werden muss. Ohne Baugrundgut-

achten keine Klarheit. VPB-Sachverständige

empfehlen Bauherren, ein Bodengutachten

notfalls auf eigene Rechnung machen zu las-

sen. Es kostet im Schnitt 1.000 Euro.

Wie ein Bauwerk, speziell Keller, Flachdach

und Balkone, abgedichtet werden muss, das

definiert die DIN 18195„Bauwerksabdichtun-

gen“. Dabei gilt stets der alte Grundsatz: Ab-

dichtung immer auf Rohbauebene. Das

heißt, die heute gebräuchliche kunststoff-

modifizierte Bitumendickbeschichtung, kurz

KMB, muss direkt aufs Mauerwerk. Häufig

wird das aber nicht beachtet. Experten fin-

den oft die Perimeterdämmung auf den Stei-

nen und die Beschichtung außen drauf. Das

ist technisch völlig verkehrt und muss

na-türlich korrigiert werden. Die VPB-Sach-

verständigen beobachten weitere typische

Probleme: Technisch korrekt wird die Boden-

platte mit einer Schweißbahn abgedeckt.

Darauf kommen die Installation und der

schwimmende Estrich. Auf vielen Baustellen

liegt die Schweißbahn monatelang offen. Je-

der läuft darüber, lässt Nägel und Schrauben

fallen, die sich festtreten. So entstehen Risse

und Löcher. Die werden aber oft nicht ent-

deckt, weil niemand mehr zum Schluss die

Folie säubert und prüft. Das muss aber ge-

macht werden, wissen die Experten.

Die DIN regelt auch, wie bodengleiche Ter-

rassen- oder Balkontüren abgedichtet wer-

den müssen. Wird dieses Detail falsch ausge-

führt, die Abdichtung nicht hoch genug

gezogen, dann sickert imWinter schnell Tau-

wasser unter der Tür hindurch in den Wohn-

bereich. Auch solche Schäden werden nur

bei laufender Baukontrolle rechtzeitig er-

kannt.

Mangelhaft ist an vielen Neubauten auch die

Luftdichtigkeit. Das zeigt sich spätestens

beim Blower-Door-Test mit Thermografie –

sofern diese Untersuchung zum Schluss auch

tatsächlich durchgeführt wird. Auch mit Wär-

medämmverbundsystemen können längst

nicht alle Firmen umgehen, kritisieren die

VPB-Berater, ebenso wenig wie mit Dampf-

bremsen. Sie werden oft falsch eingebaut

und mit billigem Klebeband fixiert.

Selbst klassische Bauaufgaben wie das Mau-

ern stellen offenbar immer mehr Firmen vor

unlösbare Probleme – sie hinterlassen Fugen

mit wenig oder ganz ohne Mörtel oder ver-

wenden statt Mörtel Bauschaum. Häufig ent-

decken VPB-Berater Mauern mit zu geringem

Überbindemaß. Das bedeutet: Die Steine in

den einzelnen Lagen überlappen nicht aus-

reichend weit. Damit eine Mauer statisch so-

lide steht, muss aber ein bestimmtes Über-

bindemaß eingehalten werden, sonst ist die

Standfestigkeit der Mauer gefährdet. Die Sta-

tik mancher Mauer gefährden auch Installa-

teure, die nach Belieben Mauern schlitzen

und Rohre wie Leitungen auch schon mal mit

Bauschaum fixieren.

Solche Baumängel fallen nur auf, wenn die

Baustelle regelmäßig kontrolliert wird, und

der Kontrolleur auch ein Interesse an der Be-

seitigung der Mängel hat. Ist erst einmal Putz

auf den offenen Fugen oder das Erdreich

rings um den Keller beigefüllt, dauert es, bis

Mängel offenbar werden. Aber die Mängel

sind da – und die Schäden kommen garan-

tiert.

Wie oft eine Baustelle sinnvollerweise kont-

rolliert wird, das hängt von der Baustelle ab,

von der Sorgfalt der Baufirma, der Kommuni-

kation und Kooperation mit dem Schlüssel-

fertiganbieter. Im Schnitt sind es zwischen

fünf und sechs Termine. Dafür stellen die

Bausachverständigen im Durchschnitt 13

Stunden Honorar in Rechnung, meist zuzüg-

lich Anfahrtskosten. Bei Stundensätzen um

die einhundert Euro bleibt die lückenlose

Baubetreuung also weit unter den Kosten

selbst eines gebrauchten Kleinwagens.

Weitere Informationen beim Verband Privater

Bauherren (VPB) e.V., Bundesbüro, Chaussee-

straße 8, 10115 Berlin, Telefon 030 2789010,

Fax: 030 27890111, E-Mail:

info@vpb.de

oder

www.vpb.de.

(VPB – Verband Privater Bauherren e.V.)

Foto:©stockWERK-fotolia